Ich glaub mein Schwein pfeift!

TOCK – es gibt den nächsten abrupten Schlag, der von meiner Rutenspitze abgepuffert wird. Barfuß und total benommen stehe ich in der kühlen Nacht. Sie ist klamm, nebelig und hat irgendwie etwas Mystisches. Kein Geräusch, keine andere Menschenseele weit und breit – Totenstille! Plötzlich ein Knarzen der Rollenbremse, dem ich hochkonzentriert entgegenstehe. Was dort auch immer am anderen Ende zieht, es hat verdammte Ausdauer. Eine erneute Flucht ins dunkle Wasser beginnt. Mit meinem rechten Fuß bringe ich das Keschernetz in ideale Position. Daraufhin ein Schwall, Druck, ne jaulende Bremse und…FUCK, der will nochmal mit letzter Kraft Richtung Seerosenfeld…

nebel

Das Gas strömt aus, meine Hände und Füße zittern. Der sichtbare Atemhauch lässt sich in Form von Tröpfchen an der klammen Zeltdecke nieder. Doch so langsam spendet der Kocher etwas Wärme. Im Schlafsack krame ich nach meinem Smartphone – 03:45 Uhr. „Boa, was hier schon wieder los ist“. Mit einem zufriedenen Grinsen, mache ich es mir auf der Liege gemütlich. Kurze Zeit später döse ich weg.

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Jetzt bloß keinen sinnlosen Fehler machen. Mein Gegenüber riecht den Schutz in der Wasserpflanzen und setzt seinen Marsch ausdauernd fort. Mit etwas Pech würde er sich komplett festschwimmen. Ich baue Druck auf, erzeuge für einen Augenblick eine kritische Situation, der Karpfen ist kurz vorm Hindernis…plötzlich dreht er um und gibt nach. Yes! Kurze Zeit später keschere ich eine füllige Silhouette. Im Schein der Kopflampe erkenne ich eine runde, goldgelb gefärbte Herbstpocke.

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Wie aus dem nichts wird die Stille unterbrochen. Ich schrecke auf. Es kracht am anderen Seeufer, erkennen kann ich nichts. Dabei weht kein Wind. Direkt darauf das nächste Geräusch. Als würde ein ganzer Baum umfallen. Es scheppert, ich schrecke kurz zusammen. Egal wer dort war, meine Anwesenheit war nach dem Run, dem ausdauernden Drill und der Beleuchtung beim Abhaken definitiv aufgefallen. Sowas habe ich bei meiner Angelei am heimischen Niederrhein bisher noch nie erlebt.

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Das Krachen kam nochmal näher, als würde ein Traktor durch den dichten Wald fahren. Mein Puls stieg nach dem Drill direkt nochmal in die Höhe. Plötzlich ein perverses Quieken und Pfeifen. Erstmal verrückt, doch daraufhin machte sich bei mir Erleichterung breit. Das mussten die Wildschweine sein, die auch schon die umliegenden Wege abgetragen und verwüstet hatten. Verrückt war die Situation allemal, doch ich war mir sicher, dass die Rotte mir nichts tun würde.

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Erstes Tageslicht weckte mich, die Temperatur war nochmal bis auf 1 Grad gesunken und der ganze See lag im dichten Nebel. Zerknottert dachte ich über den Film nach, der sich in der vergangenen Nacht abspielte. Es brauchte seine Zeit bis ich alles wieder realisierte. Mit Kaffee und Kamera ging es nach draußen. Ein müder, aber sehr glücklicher Moment, den die kalte, frische Luft und das nebelige Naturschauspiel zauberten.

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Nach dem Wasser- und Wildschweinspektakel der letzten Nacht wollte ich nicht gleich nach Hause reisen. Bis zum Mittag genoss ich die Sonne und legte meine Ruten immer wieder neu ab. Die Mischung aus auffälligen Scoberry’s und den bald erhältlichen VNX+ Boilies fand über den ganzen Vormittag neue Abnehmer. Nach zwei weiteren schönen Fischen entwickelte sich der dritte Lauf zum nächsten echten Abenteuer. Ein konditionsgeladener, langer Kämpfer über 40 Pfund war letzte Fisch der Session. Hochzufrieden ging es später heim.

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Ob die Schweine das Gewässer, im kommenden Winter, wohl nur unter sich teilen?

Ich wünsche euch eine schöne und erfolgreiche kalte Jahreshälfte – Genießt die Zeit am Wasser!

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