Bei Facebook ist doch jeder erreichbar…

Successful Baits macht Urlaub! Wir sind bis Anfang November nicht erreichbar, nicht über den Onlineshop, nicht über den Laden und auch nicht bei Facebook! Wie?? Bei Facebook auch nicht?? Was ist los mit euch?? Bei Facebook ist doch jeder Erreichbar…

Was machst du gerade? Jeder hat etwas mitzuteilen, jeder ist erreichbar
Was machst du gerade? Jeder hat etwas mitzuteilen, jeder ist erreichbar

Aufgrund der kurzen, wohl verdienten Auszeit der Firma und der tatsächlichen „Nichterreichbarkeit“ des Teams, gibt es heute mal einen Blog zu einem sehr ähnlichen Thema. Hier geht es heute mal nicht um dicke Fische, nicht um tolle Köder und auch nicht um News aus den heiligen Hallen. Heute gibt es mal etwas aus dem Leben, aus der Realität, etwas zum nachdenken und wie ich finde, ein Thema, welches unbewusst bestimmt sehr viele von uns beschäftigt.

Freitag Mittag 13 Uhr, Feierabend und das Wochenende steht vor der Tür. Das Wetter ist herrlich, die Sonne scheint, es sind etwas über 25 Grad und es weht ein leichter Wind. Angelwetter denke ich mir, als ich ins Auto steige und die Fenster auf Knopfdruck in den Türen verschwinden. Ich fahre wie fast immer die Strecke über Land nach Hause, der Fahrtwind weht mir ins Gesicht, der Geruch des Spätfrühlings ströhmt mir in die Nase und aus der Anlage dröhnt mir ein alter Sommerhit entgegen. Ich fahre vorbei an grünen Felder und vorbei an 3 Seen, welche ich von der Straße gut sehen kann. Der Wind lässt die Wasseroberfläche leicht kräuseln und durch die Sonne glitzert das Wasser als wären es tausende Diamanten. Ich werde langsamer, dreh die Musik leise und kann im Vorbeifahren Blesshühner und Haubentaucher sehen, ich glaube sogar einen Fisch entdecken zu können. Ich spüre eine innere Unruhe. Ich gebe wieder Gas und sehe von weiten einen kleinen Jungen auf dem Fußweg, der mir mit einem Eimer und einer alten Angelrute entgegenkommt. Der kleine Junge macht einen unbeschwerten Eindruck, er stampft in seinen zu großen Gummistiefeln über den Asphalt und hat ein Lächeln auf den Lippen. Ich beginne zu grinsen, freue mich über diesen Anblick des Kleinen. Schön wenn Kinder mit Bezug zur Natur aufwachsen und die Spielekonsole gegen eine Angelrute und einen Eimer tauschen. Ich bewundere ihn irgendwie.

 
Brrr Brrr… Ein Brummen aus der Mittelkonsole und ein leuchtendes Display des Handys zeigen mir eine Whattsapp Gruppennachricht. „Die Fallen liegen“ kann ich bei einem flüchtigen Blick auf das Telefon lesen. Wieder spüre ich diese innere Unruhe. Bis ich Zuhause angekommen bin, folgen noch weitere Nachrichten. Die Jungs sind alle am Wasser, schicken Bilder der aufgebauten Ruten und wünschen sich gegenseitig viel Glück. Zuhause angekommen ist aus der inneren Unruhe bereits eine leichte Unzufriedenheit geworden. Ich fahre dieses Wochenende nicht ans Wasser, die Verpflichtungen eines Hausbesitzers warten auf mich, der Garten will gemacht werden und auch die sonstigen sozialen Kontakte und die Beziehung wollen gepflegt werden. Ich mache mir ersteinmal einen Kaffee, lese die Nachrichten, wünsche den Jungs viel Glück und setze mich an den Rechner. Mal kurz bei Facebook reinschauen ob es was neues gibt. Eigentlich wollte ich Rasen mähen, aber die Zeit muss sein, nicht das ich was verpasse. Ein innerer Drang, der mich oft am Tag begleitet. Ich öffne Firefox und gehe auf meinen Facebookacount. Sofort blicke ich auf unzählige Bilder von stehendem Tackle, Fischen, Werbung oder gegenseitigen Glückwünschen zu den 1. Fängen des Wochenendes. Gefühlt sind wieder alle meiner 1000 „Freunde“ am Wasser und fangen Fische. Kann doch nicht war sein, wieso kann ich eigentlich nicht ans Wasser? Was n das für n Scheiss, ich war gefühlt ewig nicht am Wasser. Ich realisiere nicht, das die letzte Sitzung erst 5 Tage her ist, die Realität verschwimmt. Brrr Brrr… ein altbekanntes Geräusch holt mich aus meinen Gedanken. Die nächste Gruppe, der Nächste am Wasser und dann auch noch an dem See, den auch ich befische. Die Chancen stehen gut, dort jetzt einen abzugreifen. Ich bin irgendwie angepisst, mache mir noch einen Kaffee…

Whattsapp - jeder hat es, jeder nutzt es
Whattsapp – jeder hat es, jeder nutzt es

2 Stunden später kommt meine Frau von der Arbeit, sie lächelt und freut sich auf das bevorstehende Wochenende. Ihre Freude erwiedere ich nicht, ich schwenke den Kopf kaum vom Bildschirm als sie mich begrüßt. Trinken wir draußen einen Kaffee zusammen fragt sie mich. Ich reagiere forsch und winke ab, ich müsse hier noch was erledigen und dann in den Garten. Von Facebook geht es über Carpzilla, zu den noch aktiven Foren, meine Favouritenliste wird rauf und runter geklickt und erst 3 Stunden später dröhnt der Rasenmäher durch die Nachbarschaft. Meine Laune ist schon jetzt auf dem Tiefpunkt, ich will ans Wasser, warum können alle anderen ans Wasser und ich nicht? Immer wieder gleitet mein Blick auf das Handy und beim Abendessen ist es so weit, der Kollege an dem gemeinsamen See schickt ein Bild mit dem Untertitel Ü40 Party. Ich blicke ungläubig auf den Bildschirm, das kann nicht war sein. Freude über den Fang und Wut der nicht Anwesenheit meinerseits vermischen sich. Dem genervten Blick meines Gegenübers kann ich nicht entkommen, sie kennt mich, sie spürt meine Laune. Was ist los fragt Sie. Ach du, nix, der und der ist am Wasser, der hat gerade nen fetten Fisch gefangen und der sitzt gerade da und da. Sie sagt nichts! Es endet an diesem Abend wie so oft, wir liegen auf dem Sofa, ich habe mein Handy in der Hand, gucke bei Faccebook oder schreibe bei Whattsapp. Ob ich morgen lieber fischen gehen möchte werde ich gefragt. Ne, schon ok…! Brrr…Brrr… der nächste Fisch erscheint auf dem Display, dieses mal in einer anderen Gruppe. Ich stehe auf und gehe ins Büro, setze mich vor den Rechner, zünde mir eine Zigarette an und beginne das gerade empfangene Bild ein wenig zu bearbeiten und dann bei Facebook hochzuladen. Ich bemerke nicht einmal, das bereits wieder eine Stunde vergangen ist und das Sofa bereits leer und der Fernseher aus ist.

das "soziale" Netzwerk - Fluch und Segen
das „soziale“ Netzwerk – Fluch und Segen

Am nächsten Tag startet dieser mit dem Blick auf das Handy, die Gruppenchats lesen und gucken wie viele „Likes“ und Kommentare das Bild der letzten Nacht bekommen hat. Es kommt wie es kommen musste, bereits vor dem Frühstück gibt es eine Grundsatzdiskussion über mein Hobby und über die Zeit, die ich neben dem eigentlichen Angeln noch damit verbringe. Ich bin genervt, kann weder verstehen noch erkennen was mir vorgeworfen wird. Ich werde gebeten meine Sachen ins Auto zu packen und ans Wasser zu fahren, da ich dort ja scheinbar lieber wäre. Ja gut, okay, 3 Stunden später rollt mein Wagen auf den Parkplatz am See, schnell sind die Sachen auf den Trolley geladen und das obligatorische Bild des Tackleberges bei Whattsapp gepostet. Am Platz angekommen läuft alles rutiniert ab, Loten, Füttern und Ruten raus. Alles wird ordentlich aufgebaut und hübsch gemacht, ich lehne mich in der Mittagssonne zurück, trinke einen Kaffee und zücke mein Telefon. Schnell ein Bild machen und bei Facebook hochladen: „Die Fallen liegen!“ Es folgen Kommentare und Likes unter dem Bild und ich glaube zufrieden zu sein, alles richtig gemacht zu haben… So oder so ähnlich lief es nicht nur einmal!

 

Inzwischen steuern wir auf das Ende des Jahres zu, 2 Monate 2015 liegen noch vor uns und aufgrund einiger Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit, habe ich vor einigen Wochen angefangen mein eigenes Handeln, gerade auch im Bezug zu meinem Hobby zu hinterfragen. Wo ist die Leichtigkeit und die Entspannung, welches das eigentliche Angeln mit sich bringen sollte? Wo ist die Unbeschwertheit, die ich z.B. in dem Blick des erwähnten kleinen Jungens gesehen habe? Sie ist auf der Strecke geblieben und auch wenn ich zum Glück noch oft den Blick für die vielen schönen Facetten unseres Hobbys sehen kann, so muss ich doch auch zugeben, das ich mich verändert habe.

Unser Hobby hat viele schöne Facetten...
Unser Hobby hat viele schöne Facetten…

Heutzutage ist die ständige Erreichbarkeit und die Verbindung durch angeblich „soziale“ Netzwerke zu einem meiner schlimmsten Feinde geworden. Es ist wie eine Sucht, die gestillt werden will und ich glaube es geht nicht nur mir alleine so. Immer häufiger hört man davon, das sich Menschen den Netzwerken abwenden, beim Fischen das Handy aus machen oder auch Whattsapp Gruppen verlassen. Erst kürzlich habe ich mitverfolgt, wie ein mir bekannter Angler sich aus einer großen Whattsapp Gruppe zurückgezogen hat, da auch ihn die ständige Erreichbarkeit und die ganzen Meldungen die dort tagtäglich eintreffen, ihn in seiner privaten, abseits vom Hobby existierenden Welt, abgelenkt haben. Man beschäftigt sich unbewusst ununterbrochen mit seinem Hobby, man lässt sich verleiten und vergisst dabei leider sehr schnell, das es noch eine andere Welt, eine Realität da draußen gibt, welche eigentlich eine höhere Aufmerksamkeit fordert. Zu Recht! Das echte Leben kann schnell auf der Strecke bleiben, die Beziehung zu Menschen kann verstümmeln auch beim Fischen selber, bleibt vieles auf der Strecke. Es ist ganz wichtig, die Grenzen zu kennen, die Grenzen zwischen seinem Leben und dem Hobby, dann läuft beides viel entspannter.
Ich kümmere mich um 2 Facebook Seiten, bin Admin einer Gruppe und habe inzwischen 5 Angelgruppen bei Whattsapp, welche zusammen über 60 Leute beinhaltet. Es ist unmöglich geworden auch nur einen Tag nicht mit der Materie Angeln zu verbringen, an den Wochenenden ist gefühlt jeder am Wasser und es hagelt Meldungen. Es gibt Menschen, die können damit umgehen, die können differenzieren zwischen der realen und der Scheinwelt, aber die Versuchung das sich dieses vermischt, ist sehr groß. Wer kennt nicht das Gefühl, man selber hat eine Blankzeit und bei Facebook hagelt es Fangmeldungen. Man beginnt sich zu hinterfragen, man zweifelt an seinem Handeln… Wie bescheuert muss man denn sein? Ich bin ein Jäger und trage diesen Instinkt in mir, ich habe einen inneren Antrieb der mich immer vorangebracht hat und der auch sicher mal Schuld daran war, das ich mich gegen meine reale Welt und für mein Hobby entschieden habe, dieses aber in einer gesunden Mischung! Inzwischen hat sich eine ganz andere Kraft eingeschlichen, eine die ich nicht mehr als positiv betrachten kann und mit der ich lernen muss umzugehen. Es gibt noch eine andere Welt da draußen, eine die es Wert ist, das Handy einfach mal links liegen zu lassen und seine Gedanken auf die schönen Dinge des Lebens zu richten und das ist nicht immer nur das Hobby. Und auch beim Angeln selber, einfach mal das Telefon ausschalten, kein Facebook, kein Whattsapp, kein negativer Antrieb, sich mal wieder auf das konzentrieren, was dieses Hobby ausmacht seine Instinkte nicht vergessen. Ich persönlich werde mich auch in Zukunft mit den verschiedenen Medien beschäftigen, ich habe auch viel Spaß daran und mache es gerne mal, aber in Zukunft ganz bewusst und anders. Wenn ich keine Zeit, keine Lust oder einfach andere Dinge im Kopf habe, dann ist das so. Für alles gibt es seine Zeit, ich muss nicht immer alles mitbekommen, nicht immer erreichbar sein und ich darf nicht vergessen, ich alleine setze meinen Fokus und nicht andere! Werden wir gefragt, was unser Hobby ausmacht, sagen viele immer, das Gefühl von Freiheit! Genau diese sollten wir uns erhalten!

Freiheit!
Freiheit!

Ich habe mich mit einem Lächeln im Gesicht über den kleinen Jungen gefreut, der statt der Spielekonsole, die alte Angel und den Eimer in der Hand hatte. Dabei glücklich und unbeschwert seinen Weg ging, ich habe ihn bewundert, aber ich habe nicht erkannt, das ich selbst genaus so einmal war und noch heute sein kann, ich muss nur meine eigene „Spielekonsole“ einfach mal abschalten und das Leben und das Hobby wieder mit anderen Augen sehen.

Denkt mal drüber nach und genießt euer Leben und das tolle Hobby 😉

Lieben Gruß Tammo

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