„Es ist 20 Uhr“
Mit dem unverkennbaren Dong läutet das wohl bekannteste Nachrichtenmagazin des deutschen Fernsehens die Primetime ein.
Meine schweren Augenlider können einen Blick nach draußen nicht verhindern. Stockfinster, keine Überraschung, dennoch ein weiterer Stich in die Motivationsblase.
Eigentlich steht heute Abend nichts mehr an und auch die Arbeitszeit des morgigen Tages würde eine schnelle Nacht zulassen. Und eigentlich hab ich ja auch Bock noch ans Wasser zu kommen, eigentlich….
Aber eigentlich müssten die Klamotten noch ins, die Falte noch aufs Auto und dieses noch zig km über die Autobahn. Und eigentlich regnet es auch. Und auch der, seit dem frühen Abend aufgefrischte Wind ist doch auch echt unangenehm stark geworden. Ja, eigentlich könnte ich doch auch gemütlich auf der Couch bleiben, in der warmen Badewanne liegen und die Fische Fische sein lassen….
„Eigentlich, eigentlich, eigentlich…. EIGENTLICH bist du ein echter Kackvogel, Simon“, denke ich mir am nächsten Morgen. Ich sitze in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit und schon beim Öffnen der einschlägigen Whatsapp-Verläufe ist klar, dass die schuppigen Jungs heut Nacht wohl ordentlich Appetit geschoben haben. Eigentlich wusste ich das auch schon gestern, ihr wisst ja, der Regen und der Sturm… „Fuck ey, was ne Scheiße“.
Vor meinem Inneren resümiere ich kurz den letzten Abend, bzw das, was zu resümieren ist. Fernsehen, Mitternachtssnack… Ahja und endloser „Ichklickmichvoneinemzumnächstenyoutubevideo-Teufelskreis“. Letzterer wohl auch die Erklärung für meine Unausgeschlafenheit und die daraus resultierende eher bescheidene Laune.
„Hättest du doch mal durchgezogen gestern“- Hätte hätte, blonde Brünette….
Mal ganz im Ernst, ich hasse diese Morgende… Aber so sehr ich mein Hobby liebe und egal wieviele Strapazen ich in aller Regel auf mich nehme, um diesem nachzugehen, manchmal krieg ich einfach den Arsch nicht hoch…
Versteht mich nicht falsch, ich bin bei weitem kein bequemer Angler, eher im Gegenteil, aber manchmal ist der innere Schweinehund einfach zu groß…
Ich denke die Meisten oder vielleicht sogar Alle (!?) kennen der obig geschilderten ähnelnde Situationen. Jedenfalls ziehe ich meinen nicht vorhandenen Hut vor denjenigen, die das nicht von sich behaupten können.
Es geht mir dabei nicht um Situationen, in denen man keine Lust hat angeln zu gehen (darf man überhaupt zugeben, dass es auch diese selbst bei Vollblutanglern tatsächlich ab und an mal geben kann!?), sondern vielmehr um solche Tage, in denen der bevorstehende Aufwand einfach zu groß erscheint.
Wenn ich keine Lust habe, angeln zu gehen, dann geh ich nicht angeln. Schluss, Aus, Basta!
Aber in Situationen wie der obig beschriebenen, versuche ich mir immer wieder zu vergegenwärtigen, dass Angeln keine rational ökonomisch zu betrachtende Tätigkeit darstellt. Eine Kosten-Nutzen Abwägung ist, gerade bei unter der Woche eingeschobenen Nächten, fehl am Platze.
Spätestens, wenn man das ganze Gerödel aufgebaut und unter dem Schirm liegend in den Schlafsack gewickelt ein tiefer Atemzug getan ist, überkommt einen das Gefühl, genau das Richtige getan zu haben.
Und nicht selten saß ich schon morgens mit einem breiten Grinsen im Auto und dachte mir: „Stell dir mal vor, du wärest gestern doch auf der Couch versackt…. Dann hättest du zwar jetzt kein, nach einer schwer definierbaren Geruchsfusion von Fischschleim und Spicy Liver riechendes Auto, dafür aber höchstwahrscheinlich schlechte Laune und mit absoluter Sicherheit nicht den Fisch gefangen, der heute Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen über den Kescherrand glitt“
Wenn ich diese Zeilen so lese, fällt mir auf, dass heute eigentlich Zeit wäre, zumindest für eine kurze Nacht, und Bock hätte ich ja eigentlich schon….
Aber eigentlich haben die eben im Fernsehen gesagt, dass es heut Nacht derbe Frieren soll….
EIGENTL…. Nix da Grolig, denk an deine Vorsätze!!!
Fangt was, solange das Wasser nicht hart ist!
Ich bin raus, muss jetzt noch die Karre packen…
Frohes Neues Jahr
Simon Grolig
